Seelenqual, der Haut wegen

Einfach mal in den Pool springen... - in Sommertagen ein ganz natürlicher Wunsch, den sich viele Menschen mit Schuppenflechte jedoch nicht erfüllen. Sie scheuen sich, Haut zu zeigen. Die genetisch bedingte Erkrankung ist eine große psychische Belastung.

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Lesertelefon: Was hilft gegen Schuppenflechte?

Schuppenflechte - das sind nicht nur unästhetische Entzündungen (Ekzeme) auf der Haut und an den Nägeln. Oftmals ist diese chronische Krankheit mit Beschwerden rheumatischer Art verbunden. Auch das Herz kann betroffen sein.
Vor allem setzt Psoriasis, so der medizinische Begriff, Betroffenen seelisch stark zu. Dies gilt insbesondere für atienten, bei denen die Hautveränderungen großflächig auftreten. Sie trauen sich nicht in sommerliche Kleidung, schon gar nicht ins Schweimmbad. Manche mögen nicht einmal zur Begrüßung die Hand reichen. Dabei ist Psoriasis eines auf jeden Fall nicht: ansteckend.
Viele Betroffenen leiden psychisch wie Tumor-Patienten«, weiß Dr. Hans-Hermann Hagemeier (49). Der Hautarzt (Dermatologe) aus Löhne (Kreis Herford) war einer der Spezialisten, die am WESTFALEN-BLATT-Lesertelefon auf Fragen zu dem Thema eingingen. Wie er stellten auch Professor Isaak Effendy (52), Chefarzt der Hautklinik der Städtischen Kliniken Bielefeld (Rosenhöhe) und Privatdozent Dr. Thomas Rosenbach (46) aus Osnabrück einen riesigen Informationsbedarf fest.
Psoriasis ist genetisch bedingt und damit bisher nicht heilbar. Allerdings lässt sich, so die drei Ärzte unisono, mit einer gut abgestimmten Therapie eine Beschwerdefreiheit über relativ große Zeiträume und somit auch eine deutlich bessere Lebensqualität erzielen. Dabei sind jetzt moderne Therapiemöglichkeiten verfügbar. »Auf jeden Fall sollten sich Betroffene an einen Facharzt wenden«, rät Dr. Rosenbach, der eine »hohe Dunkelziffer« von Patienten vermutet, die sich gewissermaßen selbst aufgegeben hätten. Stufe um Stufe müssten die Therapiemöglichkeiten ausgelotet werden.
Dies gelte im besonderen Maße für Betroffenen mit großflächigen Plaques, unterstreicht Dr. Hagemeier. »Wenn 70 bis 80 Prozent der Haut Psoriasis aufweisen, bringt eine Salbe gar nichts«, sagt er. Moderne Möglichkeiten sind etwa der Laser, Immunmodulatoren (Tabletten) oder Biologics (Spritzen/Infusion). Da diese jüngste Medikamenten-Generation kostspielig ist, übernimmt die Krankenkasse eine solche Behandlung jedoch erst, wenn alle anderen Therapien ohne Erfolg blieben, nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind.
Wie wichtig und letztlich sogar kostengünstig eine solche »teure« Behandlung gleichwohl sein kann, beschreibt Dr. Rosenbach: »Bis zu 30 Prozent der Psoriasis-Fälle können zu schweren Gelenbeschwerden führen. Es ist auf jeden Fall volkswirtschaftlich vernünftig, diese Menschen mit einer guten Behandlung arbeitsfähig zu erhalten.«
Doch nicht nur in diesen schwersten Fällen ist ein ausführliches Gespräch zwischen Arzt und Patient wichtig, um die im Einzelfall bestmögliche Behandlungsmöglichkeit zu ergründen. Der Bielefelder Professor Dr. Isaak Effendy: »Mich hat die Mutter eines Fernfahrers angerufen. Sie erzählte, dass sich bei ihrem Sohn trotz Lichttherapie keine Besserung einstelle.« Kein Wunder, so der Dermatologe weiter: »Eine Lichttherapie muss beinahe täglich erfolgen. Der Mann kommt aber bestenfals einmal in der Woche dazu.« In diesem Fall müsse dringend auf eine andere Behandlungart, beispielsweise mit Tabletten, umgestellt werden, die er selbst an jedem Ort der Welt regelmäßig einnehmen kann. -ist-

WESTFALEN-BLATT 13./14.Mai 2006